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Historie

50 Jahre DRESDNER KLUB e. V.

Am 15. Mai 2007 beging der DRESDNER KLUB e. V. mit einer Festveranstaltung im Lingnerschloss sein 50jähriges Bestehen.
Am 23. März 1957 eröffnete M. v. Ardenne im umgebauten Lingnerschloss

Lingnerschloss Lingnerschloss

den DRESDNER KLUB. Die Gründung des Klubs geht auf Initiative des damaligen Oberbürgermeisters von Dresden, Walter Weidauer, zurück, der offenbar von höheren Regierungsstellen, insbesondere von Walter Ulbricht, dazu ermuntert wurde. Walter Ulbricht hatte, im Gegensatz zu seinem Nachfolger Honecker, eine hohe Achtung vor den “bürgerlichen Wissenschaftlern”. Im Juni 1955 richtete Oberbürgermeister Walter Weidauer die Bitte an Manfred v. Ardenne, ihm Vorschläge für die Organisation des Klubs, die Verwendung der Räumlichkeiten im Lingnerschloss sowie für besondere Einrichtungen zu unterbreiten.
Im Rahmen der Reparationsleistungen Deutschlands an die Siegermächte des zweiten Weltkrieges wurden viele führende Wissenschaftler, besonders solche, die auf dem Gebiet der Kerntechnik und des Flugzeugbaus tätig waren, in die damalige Sowjetunion verpflichtet. Nach zehnjähriger Dienstzeit kehrten die Wissenschaftler wieder nach Deutschland zurück, wobei sich – aus unterschiedlichen Gründen – eine Vielzahl für den Standort Dresden entschied. Eine große Rolle spielten dabei die Gründung des Kernforschungszentrums Rossendorf (erster Direktor war Prof. Hans Barwich), der vorgesehene Wiederaufbau der Flugzeugindustrie (unter Leitung von Prof. Brunolf Baade), die wieder betriebene Technische Hochschule und natürlich das Institut Manfred von Ardenne. Diese aus der Sowjetunion zurückgekehrten Wissenschaftler sollten in Dresden eine gesellschaftliche Heimstatt finden.
In der Eröffnungsrede des damaligen ersten Vorsitzenden des DRESDNER KLUB, Prof. Manfred von Ardenne, wurde als Anliegen und Zielsetzung des Klubs genannt: “Um diesen Kreis hoch beanspruchter Geistesarbeiter wollte die Fürsorge unserer Regierung eine neue, eine einzigartige Möglichkeit für wirkliche und häufige Entspannung und Erholung erschließen.”
Aber nicht nur die führenden Wissenschaftler Dresdens, sondern auch die geistige Elite aus unterschiedlichen Bereichen sollte zusammengeführt werden. So wurden auch viele Wirtschaftsfunktionäre der Industrie und führende Kommunalpolitiker Mitglieder des Klubs. Ergänzt wurde der Kreis durch Sänger und Musiker (z. B. Theo Adam), Schauspieler, Tänzer, Schriftsteller, Maler und Bildhauer. Auf ausdrücklichen Wunsch der Regierung blieb die Mitgliederzahl begrenzt, die einzelnen Mitglieder wurden berufen. Die Mitgliedschaft galt als hohe gesellschaftliche Auszeichnung und wurde von den ausgewählten Personen auch so verstanden. Mitglieder sollten diejenigen sein, die “sich durch ihre persönlichen schöpferischen Leistungen für die Allgemeinheit hervorgetan haben.”

Die Entwicklung des DRESDNER KLUB kann in drei Perioden eingeteilt werden:

1. DRESDNER KLUB elitärer Klub mit großem Einfluss auf Wissenschaft und Politik(1957 – 1972)

2. Dresdner Klub der Intelligenz als Teil des Kulturbundes (1972 – 1991)

3. DRESDNER KLUB e. V. als selbständiger eingetragener Verein zur niveauvollen Freizeitgestaltung (seit 1991)

In der ersten Periode bot der DRESDNER KLUB in einer Zeit der zunehmenden wissenschaftlichen Spezialisierung die Möglichkeit, durch Vorträge, Diskussionen und direkte Gespräche Verbindungen zwischen den Vertretern der einzelnen Gebiete herzustellen. Zwanglose Gespräche in familiärer Umgebung sollten “Quelle wichtiger Anregungen für den Fortschritt in Wissenschaft, Technik und Industrie” sein. Höhepunkte des Kulturlebens waren Veranstaltungen mit führenden Wissenschaftlern, Künstlern und Politikern. Das Themenspektrum reichte von Studien über den Wiederaufbau Dresdens, der inneren Gestaltung der Semperoper über neue Lösungen medizinischer und technischer Probleme bis zu Diskussionen über die innen- und außenpolitische Lage. Da die Diskussionen nicht immer der vorgegebenen Linie von Partei und Regierung folgten, lag eine Überwachung durch das Ministerium für Staatssicherheit nahe. Ein Bericht der Staatssicherheit von 1960 über Prof. Werner Hartmann, dem Vater der Mikroelektronik der DDR, besagt:

“Der ganze Tisch grinste hämisch“, als im Klub über die Flucht des Chefkonstrukteurs der Flugzeugwerke gesprochen wurde. In zwei Jahren bestünde der Klub wohl nicht mehr, “weil alle nach dem Westen gegangen sein werden”.

(Quelle: Jörg Marschner, Sächsische Zeitung)

Von einer Diskussion über den Nutzeffekt von Staatsausgaben für Forschung und Entwicklung gingen Reaktionen aus, die zur Gründung des Forschungsrates der DDR führten. Ebenso war der Klub für die “Abhaltung von Konferenzen, Beratungen und für den Empfang von ausländischen Gästen, auch hohen Staatsgästen” vorgesehen. Der DRESDNER KLUB sollte aber auch der Unterhaltung, besonders auch der von Familienangehörigen, dienen. So wurden z. B. Damennachmittage durchgeführt, es gründeten sich Wander- und Bridgegruppen.

Sitz des DRESDNER KLUB war das Lingnerschloss, das zunächst nach dem Krieg als Studentenwohnheim der ABF an der TH Dresden genutzt wurde. Durch Gründung des DRESDNER KLUB kam das Gebäude in die Rechtsträgerschaft der Stadt zurück und wurde für die Nutzung baulich gesichert, die Innenausstattung wurde erneuert. In seinen Lebenserinnerungen schreibt Paul Meuter, der neben Prof. Gerhard Guder für den Umbau des Schlosses verantwortlich war: “In den drei Jahren seines Bestehens (Meuter wurde am 1. August 1960 zum Direktor des Lingnerschlosses berufen) hat sich der Klub zu einer festen Gemeinschaft entwickelt. Die Besucherzahl stieg im ersten Jahr auf 2600 Gäste an und erreichte in den folgenden Jahren mehr als 3000.”

Die zweite Periode des DRESDNER KLUB beginnt 1972 mit der zunehmenden Zentralisierung von Vereinen, Klubs und Arbeitsgemeinschaften usw. durch die Zuordnung zum “Kulturbund der DDR” (vormals Kulturbund Deutschlands). Der Kulturbund kümmerte sich in mehr als 10 000 Interessengemeinschaften um Freizeitgestaltung und Weiterbildung in den Bereichen Kunst, Literatur, Wissenschaft und Technik.

In Dresden gab es nicht nur den DRESDNER KLUB, der vorwiegend Mitglieder aus Wissenschaft und Technik hatte, sondern auch den “Klub der Intelligenz

(nach 1960, dem Tod Klemperes, mit dem Namen “Victor Klemperer”), dem überwiegend Schriftsteller, Lehrer und Künstler angehörten, und den “Carus-Klub” der Ärzteschaft.

Gründungsmitglieder des “Klubs der Intelligenz“ waren 1953 Prof. Lea Grundig (Malerin), Wolfgang Ullrich (Zoodirektor) und Dr. Hans Nadler (Architekt).

Alle drei Klubs wurden zum “Dresdner Klub der Intelligenz” zusammengeführt und dem Kulturbund unterstellt. Damit änderte sich auch die Aufnahme von Mitgliedern, die nicht mehr berufen wurden, sondern es konnte ein Aufnahmeantrag gestellt werden, über dessen Genehmigung die Klubleitung entschied. Bis weit in die 80er Jahre hinein musste man jedoch als Mitglied empfohlen werden bzw. einen Bürgen haben. Sitz des vereinigten “Dresdner Klubs der Intelligenz” war das Lingnerschloss, das bisher nur vom DRESDNER KLUB genutzt wurde. Das Lingnerschloss blieb bis 1976 in der Rechtsträgerschaft der Stadt Dresden, ging dann 1976 einschließlich der Immobilien und des Vermögens in die Rechtsträgerschaft des Kulturbundes der DDR über. Spätestens seit 1972 waren Parkgelände und Gaststätte der Öffentlichkeit zugängig. Nur die eigentlichen Klubräume blieben den Mitgliedern, ihren Angehörigen und Gästen vorbehalten.

Neben der Ausrichtung von internationalen Tagungen (z. B. “V. Internationale Deutschlehrertagung vom 1. bis 5. August 1977“) und Ausstellungen von Künstlern bot der Klub auch Möglichkeit zu persönlichen Gesprächen zwischen Wissenschaftlern aus Ost und West, die über den fachlichen Rahmen hinausgingen und in der Öffentlichkeit kaum möglich gewesen wären. Das zeigt auch ein Auszug aus einem Nachruf von Prof. Claus Köhler zum Tod von Professor Ulrich Lochmann:

“Kennen gelernt haben wir uns, wie schon gesagt, im Frühjahr 1989 im Institut für Medizinische Informatik und Biometrie bei Prof. Kunath an der MAD auf fachlicher Basis und sehr viel näher auf menschlicher dann abends mit euch im Klub der Intelligenz auf dem Weißen Hirsch. Da kam nicht jeder rein. Eine Prüfung mussten wir allerdings nicht ablegen – zum Glück – das hatte Kunath schon vorher für uns erledigt. Die Bierbestände des guten Radebergers, das ich damals zum ersten Mal genießen durfte, waren dann im Laufe des Abends im Klub der Intelligenz total abgebaut. Die menschliche Komponente wurde selbst bei diesem ersten, eigentlich rein fachlichen Treffen, zwischen Dresden und Heidelberg ziemlich hoch gehandelt. Wir waren mit unseren Autos in Dresden und du hast damals schon unser Kennzeichen HD ins ‘Hansestadt Dresden’ umgedeutet.”

Die dritte Periode des DRESDNER KLUB beginnt nach der politischen Wende mit der Eintragung als Verein. Zu dieser Zeit hatte der Klub 1649 Mitglieder. Der Klub musste fortan ohne Zuwendungen der Stadt oder des Kulturbundes bestehen. Neben Mitgliedsbeiträgen war die Gastronomie der einzige Bereich, der Geld erwirtschaftete. Dringend notwendige Reparaturen am Schloss konnten davon aber nicht bestritten werden. 1993 wurde von der Stadtverwaltung dem Klub die Nutzung des Lingnerschlosses gekündigt. Nach Auszug des Klubs aus dem Schloss verfiel dieses sehr schnell. Ursachen dafür waren neben dem Leerstand mangelnde Sicherung und Vandalismus. Nach jahrelangem Hin und Her ist es dem “Förderverein Lingnerschloss” unter Leitung von Dr. Peter Lenk zu verdanken, dass das Schloss den Dresdnern erhalten bleibt und Stück um Stück saniert werden kann.

Nach der Umwandlung des Klubs in einen eingetragenen Verein wurde eine neue Satzung erstellt. Der DRESDNER KLUB e. V. ist offen für jeden, der die Vereinsziele anerkennt. Zweck und Ziel des Klubs besteht im Wirken für die Förderung von Kunst, Kultur und Wissenschaft sowie in einem kulturvollen Zusammenleben der Menschen. Politisch und konfessionell ist der Verein neutral. Die Mitgliedschaft ist an keine Voraussetzung gebunden. Der Klub ist als “gemeinnützig” anerkannt.

Auf Grund seiner Vergangenheit wurde der DRESDNER KLUB e. V. nach der Wende als “systemnah” angesehen und teilweise von den Medien auch so eingestuft, was den Verlust einer Vielzahl von Mitgliedern zur Folge hatte. Wie in vielen anderen Vereinen tritt auch bei uns eine zunehmende Überalterung ein. Man braucht auch kein Refugium mehr, um offen diskutieren zu können oder um sich zu informieren. Dem vorherigen Präsidenten, Herrn Dr. Walter Riedel, und einem Kreis begeisterter Klubmitglieder, die sich in einem neuen Klubvorstand wieder fanden, ist es zu verdanken, dass der Klub bis zum heutigen Tage besteht und wir gemeinsam das 50jährige Jubiläum feiern können.

Seit dem Auszug 1993 aus dem Lingnerschloss nutzte der Klub die unterschiedlichsten Domizile als Wirkungsstätte, so z. B. Räume im BUSINESS-Park in der Bertolt-Brecht-Allee, eine große Wohnung in einer Jugendstil-Villa in der Blasewitzer Straße, seit einigen Jahren befindet sich die Geschäftsstelle in der Schlüterstraße. Dankenswerterweise stellen das Stadtarchiv mit seinem Amtsleiter, Herrn Thomas Kübler, und neuerlich auch der “Förderverein Lingnerschloss e. V.” Räume für Veranstaltungen zur Verfügung.

Satzungsgemäß ist Ziel des heutigen Klubs der Gedankenaustausch zu kulturellen, wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und politischen Problemen. Dem kommt der Klub durch Veranstaltungen unterschiedlicher Art nach. Jährlich werden ca. 20 Veranstaltungen und 12 Wanderungen durchgeführt.

Schwerpunkte der Veranstaltungen sind Themen aus Kunst und Literatur, Wissenschaft und Technik, Kennenlernen historischer Stätten in und um Dresden, Exkursionen und geführte Wanderungen und nicht zuletzt auch kleine Geselligkeiten.

Seit 2003 ist Dr.rer.nat Manfred Paul Präsident des DRESDNER KLUBs.


Der DRESDNER KLUB hat also eine bewegte Vergangenheit hinter sich und es bleibt zu wünschen, dass die wissenschaftlichen, kulturellen und humanistischen Traditionen – in welcher Form auch immer – fortgesetzt werden.

Quellen:

v. Ardenne, M.: “Erinnerungen”, S. 279 – 282, F. A. Herbig, München 1990

Weidenhagen, P.: “Historischer Stadtrundgang (15), Stadtteilzeitung “Die Neustadt”, Sept. / Okt. 1998

Laske, C.: Ein halbes Jahrhundert DRESDNER KLUB, unveröff. Mitteilung

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